Sonntag, 13. September 2009

Nimmermehr

Zur Einleitung kurz etwas Persönliches. Zu meinem Posting "Demokratie" habe ich ein paar Interessante Mail's bekommen. Aus diesen möchte ich einen Auszug zitieren:

“So muss man feststellen, dass die verbissene Abneigung der Linken gegenüber dem Nationalsozialismus eher die Angst vor dem eigenen Spiegelbild ist. Die Parallelen zwischen Nationalsozialismus und Sozialismus beschränken sich nicht nur auf die Bezeichnung, nein, sie umfassen auch die politische Methodik und folgerichtig das mit Leichen gepflasterte Ergebnis.”

Ich glaube besser kann man die Sache nicht Ausdrücken. Und damit auch vielen Dank für die Mail's.


Nimmermehr:
Und damit zum Eigentlich Gedachten Posting heuer. Denn es ist Zeit den Raben mal wieder zu Ehren. Und wie könnte man das besser als mit guten Gedichten.

Lesen bildet ja bekannter maßen, und so erfahren wir im Lustigen Taschenbuch - LTB Nr. 262, das der Rabe Nimmermehr von Gundel Gaukeley ( das ist die Hexe, die Onkel Dagobert immer seinen Glückszehner stehlen will - was für eine Ente) nach einer mehrfach in einem Gedicht von Edgar Allan Poe verwendeten Verszeile, "quoth the raven: Nevermore!" benannt worden ist.



Hier nun also die Dichtung von Edgar Allan Poe-
Der Rabe:
Einst zur Nachtzeit trüb und schaurig, als ich las und müd und traurig über Büchern morscher Weisheit mich in Träumen ganz verlor, daß mir's wirr schon ward im Kopfe, schien mir plötzlich so, als klopfe es an meine Tür, als klopfe, klopf' es leise an mein Tor. Ein Besucher wohl, so dacht ich, klopft so spät noch an mein Tor, oder kommt es mir nur vor?
Ganz genau weiß ich's noch immer: im Dezember war's. Durchs Zimmer flackerte vom Herd ein Schimmer, sh die letzte Glut erfror. Sehnte mich schon nach dem Morgen; in den Büchern blieb verborgen, was zerstreuen könnt' mein Sorgen, Trauern um die Maid Lenor, um die Maid, die ich verloren und die jetzt genannt Lenor, wird nur noch im Engelschor.
Und das Knistern und das Rauschen in des Vorhangs seidenen Bauschen schreckt' mich, weckt' mich auf zu Ängsten, die ich nie gespürt zuvor, also daß, um zu verjagen meines Herzens Furcht und Zagen, ich mir nochmals mußte sagen: "Ein Besucher klopft ans Tor - ein Besucher kommt verspätet noch zu klopfen an mein Tor - das ist's wohl, so kommt mir vor."
Mut von neuem fand die seele, und mit wieder freier Kehle sprach ich: "Oh, Verzeihung, bitte, Dame oder Herr! Mein Ohr hat Ihr Klopfen kaum vernommen. Schlaf war über mich gekommen, und drum war ich so beklommen, als Sie klopften an mein Tor - und Sie klopften auch sehr leise .... " Und ich sperrte auf das Tor. Tiefes Dunkel war davor.
Lange in das dunkel starrend, stand ich furchtsam, doch verharrend dort in Träumen, wie sie niemand andrer träumte je zuvor. Doch nur von des Herzens Pochen ward die Stille unterbrochen, und nur flüsternd ward gesprochen dieses eine Wort: "Lenor." Da sprach ich ; und wie vom Echo nichts als dieses Wort "Lenor" drang mir nochmals an das Ohr.
Wieder drin in meiner Kammer, in der Seele Glut und Jammer, abermals das Klopfen hört' ich, etwas lauter denn zuvor. "Hei", so rief ich, "ja, beileibe, es ist auf der Fensterscheibe! Will mal sehn zum Zeitvertreibe, was verursacht den Rumor. Still, mein Herz, ich will mal schauen, was verursacht den Rumor - Wind ist draußen, kommt mir vor."
Ich riß auf das Fenster klirrend, als da flatternd schwer und schwirrend kam herein ein alter Rabe, schwarz und stattlich wie ein Mohr. Tat so ganz, als ob ihm schiene, daß ich keinen Gruß verdiene, doch mit einer Herrenmiene schwang er sich zur Tür empor, schwang sich auf die Pallasbüste über meiner Tür empor, saß - und still ward's wie zuvor.
Und der schwarze Vogel machte, daß trotz meinem Leid ich lachte, denn possierlich schien sein Ernst mir und erweckte fast Humor, "Wenn man auch geschoren habe deinen Kamm, kein feiger Knabe bist du, böser, alter Rabe, der aus Nächten flog hervor! Sag, wie heißt du, der aus den Höllennächten flogst hervor?"
Sprach der Rabe : "Nimmermehr."
Staunen mußt' ich, daß dies freche Federvieh auch menschlich spreche, kam mir gleich die Antwort fremd und nicht besonders geistreich vor; denn es muß als sicher gelten, daß dem Menschen äußerst selten ein Geschöpf aus Unterwelten fliegt auf seine Tür empor, fliegt auf eine alte Büste über seiner Tür empor und sich nennt "Nevermore".
Doch der Rabe auf der Büste sprach kein zweites Wort, als wüßte er nichts andres zu sagen, ob ich ihn auch drum beschwor. Als ob er sich nicht genierte, saß er lautlos da und stierte, bis ich schließlich meditierte: "Wie ich manchen Freund verlor, werde ich auch ihn verlieren - da ich alles ja verlor!"
Sprach der Vogel: "Nevermore".
Wieder staunt ich, daß er endlich Antwort gab, mir fast verständlich. Seinen ganzen Wortschatz, dacht' ich, plappert er mir da ins Ohr, seines Herren Abschiedssegen, der den bösen Schicksalsschlägen war zuletzt so ganz erlegen, daß in Liedern sang der Tor, daß in trüben, hoffnungslosen Liedern nur noch sang der Tor diesen Kehrreim
"Nevermore".
Da der Rabe ja so sachte meine Seele lächeln machte, schiebe ich den Polsterstuhl zu Vogel, Tür und Büste vor, setz' mich also und betrachte, was denn diese ungeschlachte Vogel sich dabei wohl dachte, als er da an mich verlor - Was er grimmig, böse dachte, als er da an mich verlor, sein gekrächztes
"Nevermore".
Und so ließ ich mir's behagen, ohne nur ein Wort zu sagen, aufzusehen zum Vogel, dessen Blick mein Herz erkor, aufzuschauen und zu wühlen in Gedanken und Gefühlen, sitzend da in weichen Pfühlen, dem bescheidenen Komfort, in Lenorenes weichen Pfühlen, dem bescheidenen Komfort , den sie, ach, so jung verlor!
Und es schien mir, als verdichte sich die Luft im Dämmerlichte, durchden Duft aus Weihrauchschalen, die da sang ein Engelchor. "Tor!" so rief ich, "siehe, Gott spendet, dir durch Engel hergesendet, einen Trank, der Kummer wendet! Trink ihn und vergiß Lenor! Trink den Trank, der Kummer wendet, ach, und dann vergiß Lenor!" Sprach der Rabe
"Nimmermehr."
"Ketzer!" rief ich, "weiser Nathan - ob nun Vogel oder Satan! - ob vom Bösen du geschickt bist, ob ein Sturm dich trieb hervor, wer dich auch hierher verbannte, dich in diese Ödnis wandte, hier im Haus zu spuken sandte - sag mir wie ich dich beschwor: ist kein Balsam denn in Gilead?! - sag mir wie ich dich beschwor!" Sprach der Rabe
"Nimmermehr."
"Ketzer!" rief ich, "weiser Nathan - ob nun Vogel oder Satan! - schwör beim Himmel, schwör beim Gotte, den dein Sinn sich auserkor, meiner Seele, die voll Grauen, ob sie fern auf Edens Auen jenes Mädchen soll erschauen, das bei Engeln heißt Lenor, jenes strahlend schöne Mädchen, das bei Engeln heißt Lenor?" Sprach der Rabe:
"Nevermore!"
"Mach, das dieses Wort uns scheide", rief ich, "Vogel oder Heide! Kehr zurück im Sturme, der dich aus der Hölle trieb empor! Keine Feder laß zum Zeichnen deine Lüge sondergleichen, schände weiter Menschenleichen - aber fort von meinem Tor! Reiß den Schnabel aus der Brust mir, weiche fort von meinem Tor!" Sprach der Rabe:
"Nimmermehr!"
Doch der Rabe hier im Zimmer hockt noch immer, hockt noch immer auf der bleichen Pallasbüste, die er sich zum Sitz erkor; fast dämonisch lockt das Funkeln seiner Augen, gleich Karfunkeln, und die Lampe wirft in dunkeln Winkeln seines Schattens Flor. Und es hebt sich meine Seele aus des trüben Schattens Flor -
nimmer, nimmer mehr empor!
Es dürfte wohl keinen verwundern, das mich dieses Gedicht auf ganz besondere Art und Weise ihn seinen Bahn gezogen hat. Düster, voller Schmerz und Tod. Sehnsuchtsverzehrend und von zerstörericher Emotionaler Tiefe. Und Irgendwie könnte es auch eine Beschreibung meines Lebens sein, wo wenn es so weitergeht das Nimmermehr auch für mich bald gelten könnte.
Ich habe lange gebraucht um eine passende Übersetzung des Werkes zu finden, Unglaublich erscheint es, was es so an Übersetzungen gibt. Einfach grausam. Diese Fassung hier, die wohl am Orginalen am nächsten herrankommt, ist meiner meinung nach auch die Mächstigste und Wortgewaltigste - die ich so im Intenet noch nicht gefunden habe.
Über den Rabendichter Edgar A. Poe, der am 12.Januar dieses Jahres 200 Jahre alt geworden wäre, (noch ein Jubiläum dieses Jahr) wird es bei Zeiten noch einiges zu sagen geben.
Und damit: Never, Never, Nevermore.

2 Kommentare:

  1. sehr schönes Gedicht, gefällt mir wirklich sehr gut.

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  2. Ich danke dir, ich liebe diese Gedichte - die solch eine dunkle Atmosphäre verbreiten.

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