Samstag, 29. Januar 2011

Das Lied von Atli

Zuvörst kurz etwas Persönliches. Ich bin in den letzten Wochen kaum dazu gekommen hier im Blog auf Kommentare zu Antworten - bzw. EMail's zu beantworten. Das meiste sollte aber jetzt abgearbeitet sein.
Und nun wie versprochen "Das Lied von Atli".

35. Atlamal in Groenlenzku - Das Lied von Atli:

1. Die Welt weiß die Untat, wie weiland Männer hüben Rat zu halten, und den heimlichen Vorsatz mit Schwüren bestärkten. Sie selber büßten es und die Erben Giukis, die arg betrognen.
2. Die Fürsten erfaßte ihr feindlich Geschick. Übel beriet sich Atli bei aller Klugheit: Die Stütze stürzt er sich im Streit mit sich selbst. Er sandte schnelle Boten daß seine Schwäger kämen.
3. Die schlaue Hausfrau sann auf Mannesklugheit; Sie wußte die Worte, die heimlich gewechselten. In Not war die Weise, die sie retten wollte: Die Gesandten sollten segeln, sie selbst daheim sein.
4. Da ritzte sie Runen: die verritzte Wingi eh er sie abgab, der Unheilstifter. Die Schiffe steuerten die Gesandten Atlis durch den armreichen Sund, wo die Schnellen (wohnten).
5. Bei festlicher Freude ward Feuer gezündet; Ob ihrer Ankunft nicht ahnten sie Trug. Die der Schwager geschickt, die Geschenke nahmen sie und hingen sie arglos auf an der Säule,
6. Högnis Hausfrau hört' es, Kostbera. Da ging die kluge und grüßte die Boten. Auch Glaumwör, Gunnars Gattin freute sich; Sie gedachte der Pflicht und pflegte die Gäste.
7. Sie luden auch Högni, ob er dann lieber käme: Offen war die Arglist, beachteten sie's. Da verhieß es Gunnar, wenn Högni wolle; Doch Högni bestritt was der Herrscher dafür sprach.
8. Met brachten die Maide, es mangelte nichts; Die Füllhörner kreisten bis es völlig genug schien. Gebettet ward den Boten aufs allerbeste.
9. Klug war Kostbera und kundig der Runen. Sie besah die Lautstäbe bei des Lichtes Schein, und zwang die Zunge zu zwiefachem Anschlag: Denn sie schienen umgeschnitzt und schwer zu erraten.
10. Zu Bette ging sie mit dem Gatten darauf. Die Leutselge träumte; auch leugnet' es nicht die weise dem Gemahl, als er morgens erwachte.
11. "Von Haus willst du, Högni: hüte dich wohl. Nicht viele sind vollklug: fahr ein andermal. Ich erriet die Runen, die dir ritzte die Schwester: Nicht hat dich die lichte geladen zu Haus.
12. Eins fiel mir auf: ich ahne noch nicht was der weisen begegnete, so verworren zu schneiden. Denn so war es angelegt, als lauschte darunterEuch tückisch der Tod, trautet ihr der Ladung; Doch ein Stab fiel aus, oder Andre fälschten es."
Högni:
13. Mißtrauisch seid ihr; mir mangelt die Kunde, und laß es bewenden bis wir's zu lohnen haben. Mit glutrotem Golde begabt uns der König. Sah ich auch Schreckliches, ich scheue vor nichts.
Kostbera:
14. Übler Ausgang droht, wenn ihr dahin eilt, nicht freundlichen Empfang findet ihr diesmal. Mir träumte heut, Högni, ich hehl es nicht: Die Fahrt gefährdet euch, wenn mich Furcht nicht trügt.
15. Lichte Lohe sah ich dein Laken verzehren: Hoch hob sich die Flamme meine Halle durchglühend.
Högni:
16. Hier liegt Leinwand, die ihr längst nicht mehr achtet: Wie bald verbrennt sie! Bettzeug schien dir das.
Kostbera:
17. Ein Bär brach hier ein, der uns die Bänke verschob mit kratzenden Krammen: wir kreischten laut auf. In den Rachen riß er uns; wir rührten uns nicht mehr. Traun, das Getöse tobte nicht schlecht.
Högni:
18. Ein Ungewitter kommt über uns: Ein Weißbär schien dir der Wintersturm.
Kostbera:
19. Einen Adler sah ich schweben all den Saal uns entlang. Das büßen wir bald: mit Blut beträuft er uns; Sein ängstendes Antlitz schien mir Atlis Hülle.
Högni:
20. Wir schlachten bald: da muß Blut wohl fließen; Ochsen bedeutet's oft, wenn man von Adlern träumt. Treue trägt uns Atli was dir auch träumen mag. -
Sie ließen es beruhn; alle Rede hat ein Ende.
21. Das Königspaar erwachte: da kam es auch so. Glaumwör gedachte bedeutender Träume,Die Gunnarn hin und her hinderten zu fahren.
Glaumwör:
22. Einen Galgen glaubt ich dir, Gunnar, gebaut. Nattern nagten dich und noch lebtest du. Die Welt ward mir wüst: was bedeutet das?
23. Aus der Brünne blinkte ein blutig Eisen; Hart ist, solch Gesicht dem Geliebten sagen. Der Ger ging dir ganz durch den Leib und Wölfe heulen hört ich zu beiden Seiten.
Gunnar:
24. Lose Hunde laufen mit lautem Gebell: Kötergekläff verkündet der Lanzentraum.
Glaumwör:
25. Einen Strom sah ich schäumen den Saal hier entlang: Er stieg und schwoll und überschwemmte die Bänke. Euch Brüdern beiden zerbrach er die Füße; Nichts dämmte die Flut: das bedeutet was.
26. Weiber sah ich, verstorbne, im Saal hier nachten, Kampflich gekleidet, dich zu kiesen bedacht. Alsbald auf ihre Bänke entboten sie dich: Von dir schieden, besorg ich, die Schutzgöttinnen.
Gunnar:
27. Das sagst du zu spät, da es beschlossen ist: Wir entfliehn der Fahrt nicht, die wir zu fahren (gelobten.)
Vieles läßt glauben, daß unser Leben kurz ist. -
28. Mit leuchtendem Lichte die reiselustigenEilten zum Aufbruch; andere ließen's. Nur fünfe fuhren, und doppelt so viel nur des Gesindes noch, denn schlecht war's bedacht. Snäwar und Solar waren Högnis Söhne; Der fünfte fuhr Orkning in der Fürsten Zahl, der schnelle Schildträger, der Schwager Högnis.
29. Ihnen folgten die Frauen bis die Furt sie schied. Stets hemmten die Holden; man hörte sie nicht.
30. Da begann Glaumwör, Gunnars Gemahl, zu Wingi gewandt wie ihr würdig schien: "Ich weiß nicht, wie ihr guten Willen uns lohnt: Hier warst du ein arger Gast, wenn Übels dort geschieht.'
31. Da verschwur sich Wingi und schonte sich wenig: "Führe mich der Jote hin wofern ich euch log: Am Galgen will ich hängen, heuchelt ich Frieden."
32. Da hub Bera an aus biederm Herzen: "Segelt denn selig und Sieg geleit euch! Werd es wie ich wünsche und wehre dem nichts."
33. Da hub Högni an Freunden Heil erwünschend: "Seid weis und wohlgemut, wie es ergehe! "So sprechen viele, doch unterschiedlich ist's, denn manchem liegt wenig an dem Geleiter.
34. Sie sahen sich noch nach bis sie sich entschwanden; Da teilten sich die Schicksale, schieden sich die Wege.
35. Sie ruderten kräftig, der Kiel schier zerbarst, Schwenkten sich stark zurück mit eifrigen Schlägen: Die Rührpflöcke rissen, die Ruder zerbrachen. Unbefestigt blieb das Fahrzeug, da sie zu Lande fuhren.
36. Unlange wahrt es nun, laßt es mich kürzen, so sahn sie die Burg stehn, die Budli besessen. Laut klirrten die Riegel, da Högni klopfte.
37. Ein Wort sprach da Wingi, würd es verschwiegen! "Fährt fern vom Hause; Gefahr bringt der Eintritt. Leicht gingt ihr ins Garn, und gleich erschlägt man (euch.

Ich trieb euch traulich, doch Trug stak darunter. Oder bleibt auch hier, so bau ich euch den Galgen."
38. Dawider sprach Högni, nicht zu weichen bedacht; Ihn ängstete gar nichts, wo es galt sich versuchen: "Du sollst uns nicht schrecken, sieh, es gerät nicht: Wagst du ein Wort noch, wird dir langes Übel."
39. Da hieben sie Wingi zu Hel ihn zu senden, gebrauchten Sie der Äxte, bis der Atem ihm schwand.
40. Atli mit dem Volk fuhr in die Panzer. Gerüstet rannten sie der Ringmauer zu. Gewechselt wurden viel Worte des Zorns: "Lange gelobt war's, euch das Leben zu rauben."
41. "Wenig gewahrt man noch was ihr wider uns vorhabt. Euch sehn wir unbereit; wir aber schlugen und erlahmten einen von Euerm Geleit."
42. Wutgrimm wurden die das Wort vernahmen. Sie reckten die Finger, faßten die Schnüre und schossen scharf, mit den Schilden sich deckend.
43. Nun ward es innen kund was außen geschah. Sie hörten der Knechte Gespräch vor der Halle.
44. Der Grimm trieb Gudrunen, da sie das Graun vernahm: Im Zorn zerrte sie die Zierde der Halsketten, schleuderte das Silber, daß die Ringe schlissen.
45. Aus ging sie, unsanft die Angeln schlagend, Furchtlos trat sie vor und empfing die Gäste, Liebkoste den Niflungen (der letzte Gruß war's ). Mit Herzen und Halsen; dann hub sie an und sprach noch:
46. "Ich sandt ein Sinnbild euch zu schrecken damit; Dem Schicksal widersteht man nicht: Ihr solltet nun kommen. "Noch vermitteln möchte sie's mit manchem klugen Wort; Niemand riet dazu, nein, riefen Alle.
47. Da sah die Seliggeborne den bittern Kampf begonnen. Erkeckt zu kühner Tat warf sie das Kleid hin, Schwang das bloße Schwert und schützte der Freunde Leben. Behaglich war sie nicht im Kampf wohin sie kam.
48. Giukis Tochter traf tödlich zwei Männer. Den Bruder Atlis schlug sie, daß man ihn bahren mußte: Bis ein Fuß ihm fehlte focht sie mit ihm. Den andern hieb sie also, daß er Aufstehns vergaß: Den hatte sie zu Hel gesandt; ihre Hände bebten nicht.
49. So ward die Wehr hier, daß es weltkund ist; Doch ging über alles gar was die Giukungen wirkten. So lange sie lebten ließen die Niflungen die Schwerter schwirren, schwinden die Brünnen; Helme zerhieben sie nach Herzensgelüsten.
50. Sie stritten den Morgen über Mittag hinaus, von erster Frühe zu voller Tageshöh. Vom Blute floß das Feld, erfüllt war der Kampf. Ihrer achtzehn fielen - die Feinde siegten -Beiden Söhnen Beras und ihrem Bruder Orkning.
51. Atli begann grimmig das Wort:"Üble Schau ist hier und Euer die Schuld. Hier standen dreißig streitbare Degen; Nur elfe sind übrig: zu arg ist die Lücke! Fünf Brüder waren wir, als Budli starb: Nun hat Hel die Hälfte, verhauen liegen zweie!
52. Herrliche Schwäger hätt ich, ich leugne es nicht; Unweibliches Weib! Wenig genieß ich's. Wir stimmten selten seit ich dich nahm. Ihr habt mich des Reichtums beraubt und der Freunde, Meine Schwester erschlagen: am schwersten härmt mich das!"
Gudrun:
53. Gedenkst du des, Atli! Du tatest zuerst so. Du hast mir die Mutter ermordet um Schätze: In der Höhle zu verhungern war der Hehren Los. Lächerlich läßt es dir deines Leids zu gedenken: Durch Gnade der Götter ergeht es dir übel.
Atli:
54. Nun mahn ich euch. Mannen, mehrt den Harm dem stolzen Weibe: das sah ich gern!Erkämpft aus Kräften, daß Gudrun klagen müsse. Das lüstet mich zu schaun, daß ihr Los sie schmerze.
55. Bemeistert euch Högnis, daß ein Messer ihn teile, reißt ihm das Herz aus, seid rasch zur Tat; Den grimmen Gunnar, an den Galgen hängt ihn, knüpft scharf den Strang, ladet Schlangen dazu.
Högni:
56. Tu nach Gefallen, getrost erwart ich's: Doch hart bewähr ich mich, der wohl Herberes litt. Wir hielten euch Stand, da wir heil waren: Nun sind wir so wund, du hast volle Gewalt. -
57. Da redete Beiti, der Burgwart Atlis: "Laßt uns Hialli fangen und Högni schonen. Uns hilft das halbe Werk, und ihm gehört sich das: Wie lang er leben mag, ein Lump doch bleibt er."
58. Der Hafenhüter erschrak und hielt nicht Stand; Er krisch und klagte und kroch in alle Winkel: Ihr Streit bekam ihm schlecht, den er schuldlos büße; Unselig sei der Tag, da er von der Schweinmast käme und der feisten Kost, der er lang sich erfreut.
59. Budlis Schergen zogen und schliffen das Messer; Der arme Schalk schrie eh er die Schärfe fühlte: Nicht zu alt noch war er die Äcker zu düngen;Gern schaff er das Schmählichste, wenn er Schonung fände, und lache dazu, behielt er das Leben nur.
60. Högni beriet sich, so rasch tat es keiner, für den Gimpel zu bitten, daß er entginge. "Dies Spiel besteh ich viel leichter selber: Wer wollte weiter solch Gewinsel hören!"
61. Sie ergriffen den Guten: es gab keine Wahl mehr des raschen Recken Gericht zu verschieben. Hell lachte Högni, es hörten die Männer wie kampflich er konnte die Qual erdulden.
62. Die Zither nahm Gunnar, mit den Zweigen der Füße könnt er sie schlagen, daß die Schönen klagten, Die Helden sich härmten, die ihn hörten spielen. Rat sagt er den Reichen, daß entzwei rissen Balken.
63. Die Teuern waren tot bei Tagesanbruch; Ihnen überlebte allein die Tugend.
64. Stolz war Atli, stieg über beide, sagte Harm der Hehren und höhnte sie noch: "Morgen ist's, Gudrun: du missest deine Holden. Du selber hast Schuld, daß es so erging."
Gudrun:
65. Nun freust du dich, Atli, ihren Fall zu berichten. Doch übel gereut's dich, wenn du alles weißt. Was sie dir vermachten, ich meld es dir jetzt: Stete Besorgnis; ich sterbe denn auch.
Atli:
66. Dem werd ich wehren, ich weiß andern Rat, noch halbmal hilfreichern; unser Heil verschmähn wir oft. Mit Mägden tröst ich dich und manchem Kleinod, Schneeweißem Silber wie du selbst es wählst.
Gudrun:
67. "Das wähne nimmer: ich sage nein dazu. Sühne verschmäht ich eh solches erging. Galt ich für grimmig, nun bin ich es gar; Den Harm verhehlt ich dieweil Högni lebte."
68. "Uns zogen sie auf in einem Hause, viel Spiele zusammen spielten wir im Walde. Grimhild gab uns Gold und Halsschmuck. Du magst mir nicht büßen meiner Brüder Mord: Was du tust und lassest, leid ist mir alles.
69. Doch der Frauen Willen wandelt der Männer Gewalt. Die Krone verdirbt, wenn die Zweige dorren ;Wenn der Bast gebricht, geht der Baum zu Grunde: Du allein magst, Atli, aller Dinge nun walten."
70. Aus argem Unverstand schenkt ihr Atli Vertrauen; Offen war die Arglist, hätt er geachtet drauf. Schlau hehlte Gudrun des Herzens Meinung; Leichtsinnig schien sie auf zwei Schultern zu tragen.
71. Ein Gelage ließ sie rüsten zum Leichenschmaus der Brüder; Atli wollte auch seine Toten ehren.
72. Sie ließen die Rede, das Gelage zu beschicken, daß Füll und Überfluß bei der Feier war. Streng war die Stolze den Entstammten Budlis: Gegen den Gatten sann sie grause Rache.
73. Auf den Block sie zu legen lockten sie die kleinen; die wilden scheuten, doch weinten sie nicht: "Auf der Mutter Schß was sollen wir beide?"
74. "Muß ich es melden? Ermorden will ich Euch; mich lüstet längst euch das Leben zu nehmen."
75. "Schlachte die Söhne denn, es schützt uns niemand; doch lange währt der Zorn nicht lässest du ihn aus an der munteren Kindheit." Die kaltherzig gewohnte Frau Vollbracht es alsbald, löste beiden den Hals.
76. Oft frug Atli, ob beim Spiel die Söhne seien? Er sehe sie nicht.
Gudrun:
77. Ich eilte mich, Atli, dir Antwort zu sagen. Die Tat verhehlt dir nicht die Tochter Grimhilds. Nicht freut es dich freilich, wenn du alles erfährst; Auch mir schufst du scharfe Pain: du erschlugst mir die Brüder.
78. Selten schlief ich seit sie gefallen sind. Ich dräute dir heftig; gedenkst du daran? Morgen ist's, sprachst du: mir gedenkt es wohl; Nun kam der Abend, da künd ich dir Gleiches.
79. Du verlorst die Söhne, wie dich nicht verlangte; als Bescherschalen stehn ihre Schädel hier; Im Becher bracht ich dir ihr Blut, das rote.
80. An den Spieß gesteckt schmoren ihre Herzen, ich gab dir zu kosten für Kälberherzen: Du aßest sie allein und ließest nichts übrig, hast girig gegessen mit guten Malzähnen.
81. Du kennst deiner Knaben Schicksal, kaum gibt's ein schlimmeres. Mein Los erfüllt ich und lache nicht drob.
Atli:
82. Grimm warst du, Gudrun, da du gegen dein Herz der Geborenen Blut mir in den Bescher mischest, deine Söhne erschlugst wir dir am Schlimmsten anstand. Mir fügst du Leid auf Leid, lässest mir nicht Ruh.
Gudrun:
83. Wohl erledigt ich lieber des Lebens dich selber; Scher genug straft man nicht solchen König. Du vollbrachtest zuvor beispiellose Untat, die Welt weiß nicht so wahnsinnige Graus. Neuen Frevel fügtest du zu dem vorigen heut, übtest arge Schande beim eigenen Leichenmahl.
Atli:
84. Auf Scheitern sollst du brennen, erst gesteinigt (werden). So wird dir zu Teil wonach du trachtest stets.
Gudrun:
85. "Sieh selber morgen solches meiden. Mich leitet schönrer Tod in ein anders Licht.-
86. In einer Burg wohnten sie, warfen sich Wutblicke, schleuderten Flüche; ward keiner froh mehr."
87. Groll wuchs im Niflungen: auf Großtat sann er; er sagte Gudrunen, grimm wär er Atlin. Die Frau hatt im Sinn was Högni erfuhr. Sie rühmt' ihn selig, wenn er Rache nähme. Da ward Atli gefällt, unlange währt' es; Högnis Sohn erschlug ihn, und Gudrun selbst.
88. Der schnelle sprach vom Schlaf erweckt, der Wunden bewußt; doch wollt er nicht Hilfe: "Wer schlug Budlis Sohn? Sagt mir die Wahrheit. Nicht leicht verletzt' er mich: mein Leben ist hin".
Gudrun:
89. "Dir das zu hehlen ziemt Grimhilds Erzeugter nicht: Laß mich die Ursach sein, daß dein Leben endet, und Högnis Sohn zumal, daß Wunden dich ermatten."
Atli:
90. "Zum Mord riß dich Wut, zum widernatürlichen. Falsch ist's, den Freund täuschen, der fest vertraut.
91. Erbeten fuhr ich dich zu freien von Haus, die verwaiste Witwe, die wildherzig hieß: Keine Lüge war es, das ließest du schauen. Wir holten dich ein mit großen Heergeleit. Alles war auserwählt bei unsrer Fahrt.
92. Aller Pracht war genug durch preiswerte Gäste, Rinder in Vorrat, die uns reichlich nährten. Fülle war und Überfluß, viele genossen es.
93. Zum Mahlschatz vermacht ich dir Menge des Schatzes, Knechte zehnmal drei, und zierer Mägde sieben, ein schön Geschenk; des Silbers war viel mehr.
94. Das nahmst du alles hin als war es nichts, nach dem Lande verlangend, das Budli mir ließ. Fallstricke flochtst du mir, ich empfing nichts Andres. Die Schwieger ließest du oft sitzen in Tränen; Heiter hielten wir niemals Haus".
Gudrun:
95. "Nun lügst du, Atli! Doch laß ich's bewenden. Selten war ich sanft; doch sätest du Zwist. Unbändig strittet ihr jungen Brüder, daß zu Hel die Hälfte deines Hauses fuhr: Zu, Grunde ging alles, was Glück bringen sollte.
96. Wir drei Geschwister dauchten unbezwinglich; Wir fuhren von Lande in Sigurds Gefolge, Schweiften und steuerten, sein Schiff ein jeder, auf unsichern Ausgang ins östliche Land.
97. Einen Fürsten fällten wir; uns fiel sein Land zu. Die Hersen huldigten: wir waren die Herrn. Nach Willkür riefen wir aus dem Wald Verbannte, Gaben dem die Macht, der keinen Deut besaß.
98. Jener Hunnische starb, mein Stand ward geniedert; Herb war der Jungen Harm verwitwet zu heißen: Doch härtere Qual war's, in Atlis Haus zu kommen der Vermählten des Mannes, den zu missen schwer war.
99. Nie kamst du vom Kampf, daß uns Kunde ward, du habest Streit gesucht und Sieg dir erfochten. Stets wolltest du weichen, nicht Widerstand tun, dich heimlich halten, was Hohn schuf dem Fürsten."
Atli:
100. "Nun lügst du, Gudrun! So linderst du nicht unser herbes Geschick, das hart ist beiden. Gönne nun, Gudrun, durch deine Güte uns die letzte Ehre beim Leichenbegängnis."
Gudrun:
101. "Einen Kiel will ich kaufen und gemalte Kiste, das Leintuch wachsen, das den Leib verhülle, Auf alle Notdurft achten als ob wir uns liebten." -
102. Tot war nun Atli, die Freunde trauerten. Da hielt die Hohe alle Verheißung. Nun sann sich Gudrun selber zu töten; Doch gelängt war ihr Leben, andrer Tod ihr verliehn.
103. Selig heißt seitdem dem solch eine kühne Tochter gegönnt ist, wie Giuki zeugte. In allen Landen überleben wird der Vermählten Feindschaft, wo sie Menschen hören.

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